IT-Abteilungen treiben das Thema besonders stark
Top-Anwendungsbereiche: Einkauf, Logistik und Kundenbetreuung
Top-Hemmnisse: Sicherheitsbedenken und organisatorische Widerstände
ISG Information Services Group hat den Markt für Robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA) in Deutschland, Österreich und der Schweiz untersucht. 248 repräsentativ ausgewählte Unternehmen äußerten sich zur aktuellen und zukünftigen Nutzung von RPA-Technologien in der DACH-Region. Zentrales Ergebnis: Bis 2020 wird sich die gegenwärtig eher verhaltene Nachfrage massiv erhöhen.
Derzeit haben 17 % der Befragten noch kein RPA-Projekt gestartet. Weitere 52 % beschäftigen sich mit der Konzipierung und Pilotierung erster Vorhaben. Das übrige Drittel zählt zu den Pionieren und hat bereits mindestens zehn Geschäftsprozesse auf RPA umgestellt. „In den kommenden beiden Jahren kehrt sich das Bild vollständig um“, stellt Andreas Lüth, Partner bei ISG Information Services Group, Head of Robotic Process and Cognitive Automation DACH, in Aussicht und erläutert: „Nur noch 6 % der Befragten gaben an, bis 2020 weiterhin kein eigenes RPA-Projekt zu starten. Demgegenüber stellen 60 % der Unternehmen in Aussicht, im Jahr 2020 mindestens zehn RPA-Prozesse aufgesetzt zu haben. Über die Hälfte der zuletzt genannten äußerte den Willen, dann mehr als 25 Geschäftsprozesse an Software-Roboter zu übergeben.“ Im europäischen Kontext ist dies ein hoher Wert. Denn gegenüber den Befragten aus der DACH-Region lag die Zahl der Unternehmen, die besonders schnell in die RPA-Welt hineinwachsen wollen, im restlichen Europa ein Drittel niedriger. Die Vergleichszahl stammt aus einer Parallelerhebung, die ISG zeitgleich unter 250 europäischen Unternehmen außerhalb der DACH-Region durchgeführt hat.
In aller Kürze: Was ist Robotergesteuerte Prozessautomatisierung?
Mit RPA stehen erstmals Technologien zur Verfügung, mit denen sich Geschäftsprozesse automatisieren lassen, ohne die Prozesse oder die sie unterstützenden IT-Systeme anpassen zu müssen. Zum Einsatz kommen Software-Roboter, die aus einer rein virtuellen Ebene heraus Daten in die Benutzeroberflächen der am Prozess beteiligten IT-Systeme eingeben. „Somit eignet sich RPA vor allem für die Automatisierung transaktionsstarker Geschäftsabläufe, bei denen die prozessunterstützenden IT-Systeme nicht ausreichend vernetzt sind“, erläutert Andreas Lüth. „Im Vergleich zu klassischen Automatisierungsansätzen, die an ein Reengineering der Prozesse sowie an Anpassungen in den IT-Systemen geknüpft sind, bieten RPA-Technologien einen deutlich einfacheren Weg, um die Produktivität und Qualität eines bestehenden Geschäftsprozesses signifikant zu erhöhen.“
Wie entwickeln sich die RPA-Budgets?
Drei Viertel der befragten Unternehmen aus der DACH-Region berichten über eine spürbare Erhöhung ihrer RPA-Budgets im laufenden Geschäftsjahr. Gegenüber 2017 stiegen die zur Verfügung stehenden Mittel in 54 % der Fälle um mindestens 10 %. Jedes siebte Unternehmen gab an, dass die Zuwächse zwischen 11 und 20 % lagen. Bei jedem zwölften stieg der RPA-Etat sogar um mehr als 20 %. Lediglich 9 % der Befragten gaben keinerlei Veränderung an, während die restlichen 6 % eine Budgetkürzung gegenüber 2017 einräumten.
Wer zahlt?
In der DACH-Region wird das Thema RPA weitaus stärker aus den IT-Organisationen heraus getrieben, als dies in Resteuropa der Fall ist: Während im übrigen Europa die IT-Bereiche und die Shared Services-Organisationen zu gleichen Teilen in RPA investieren, tritt im DACH-Sektor die IT erheblich stärker in Vorleistung. Dies trifft insbesondere für den Anteil der Direktinvestionen zu: 31 % der bisherigen RPA-Projekte gehen auf Direktinvestitionen der IT zurück. Mit 16 % liegt der Vergleichswert im Shared Services-Bereich gerade einmal halb so hoch. Demgegenüber werden Chargeback-Modelle (Umlageverfahren) von beiden Bereichen ähnlich stark genutzt. Die IT wendet dieses Instrument in 16 % und der Shared-Services-Bereich in 17 % der Fälle an. Die übrigen RPA-Projekte werden von den Fachbereichen (16 %) sowie über bestehende Service Provider-Verträge (5 %) finanziert.
Wer hat den Hut auf?
In vier von fünf Unternehmen ist der CIO verantwortlich oder zumindest rechenschaftspflichtig für Kaufentscheidungen im Bereich RPA. Mit einem Vergleichswert von 73 % liegt der CFO unmittelbar dahinter. Eine zunehmende Entscheidungskompetenz erhält auch der Head of Automation. Diese noch relativ junge Führungsrolle findet sich bereits bei einem Drittel der Befragten. In 50 % der Unternehmen, in denen es einen Head of Automation gibt, trägt dieser gemeinsam mit dem CIO und CFO die Verantwortung für den Kaufentscheid von RPA-Lösungen.
Was bremst den Einsatz der Roboter derzeit noch aus?
43 % der Befragten sehen Sicherheitsbedenken als Top-Hindernis für die Verbreitung von RPA-Technologien. Acht Prozentpunkte dahinter liegt die Befürchtung, dass eine stärkere RPA-Nutzung zu Schwierigkeiten im Bereich Governance, Risk & Compliance (GRC) führen könne. Überhaupt führen organisatorische Themen das Feld der am stärksten genannten Hemmnisse an. Vier der fünf wichtigsten Hindernisse lassen sich diesem Bereich zuordnen. So auch die Sorge um organisationspolitische Widerstände gegen den Einsatz von RPA. Eine Sorge, die von 33 % der Befragten geteilt wird. Weitere 30 % der Befragten nennen explizit die fehlende Rückendeckung durch die Führungsebene als Hemmnis. Ebenfalls 30 % führen eine unzureichende Unterstützung durch die IT an.
Vergleicht man die DACH-Ergebnisse mit den Antworten in Resteuropa, so fallen zwei größere Unterschiede auf. Der erste betrifft die Bewertung der Budgetsituation. Während in der DACH-Region nur ein Viertel der Befragten Budgetbegrenzungen als Hindernis sah, äußerte sich in Resteuropa jedes dritte Unternehmen in diesem Sinne.
Noch größere Unterschiede ergaben sich beim Thema fehlender Business Case. Während im deutschsprachigen Raum nur jeder elfte Befragte diesen Punkt zu den Top-Hindernissen zählte, lag der Vergleichswert im übrigen Europa bei über einem Drittel.
Wo in der Wertschöpfung wird sich RPA am stärksten auswirken?
In der DACH-Region liegt das am häufigsten genannte Anwendungsfeld im Bereich Einkauf, Logistik und Supply Chain. Auf diesen Bereich entfielen 44 % der Antworten. An zweiter Stelle (42 %) – in Resteuropa an erster Stelle (43 %) – rangiert der Bereich Kundenbetreuung und Auftragsbearbeitung. Weit abgeschlagen mit gerade einmal
6 % bzw. 7 % der Nennungen landete der Bereich der branchenspezifischen Prozesse ganz am unteren Ende der Antwortskala.