Künstliche Intelligenz (KI) ist auch auf dem Service-Markt für Anwendungsentwicklung und -wartung auf dem Vormarsch. Dies ist eines der Ergebnisse des neuen großen Anbietervergleichs „ISG Provider Lens Germany 2019 – Application Development & Maintenance (ADM)“ des IT-Marktforschungs- und Beratungshauses ISG Information Services Group. In ihrer neuen Auflage berichtet die ISG-Studie, dass die führenden Anbieter KI und Machine Learning einsetzen, um die Software-Entwicklung und
-wartung weiter zu automatisieren und zu industrialisieren. Die ISG-Analysten weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch die kleineren ADM-Anbieter verstärkt in KI und verwandte Technologien investieren müssen, damit sie von den großen internationalen Anbietern nicht abgehängt werden. Insgesamt hat ISG in der Studie rund 30 Anbieter bewertet.
„Mit Blick auf KI trennt sich bei den ADM-Anbietern derzeit die Spreu vom Weizen“, sagt Oliver Nickels, Senior Advisor im Auftrag der ISG Information Services Group und Lead Advisor der Studie. „Die großen Anbieter haben KI-Technologie und kognitive Analytikfähigkeiten bereits am weitesten in ihr Portfolio integriert. Die kleineren Anbieter hingegen müssen aufpassen, dass sie angesichts dieser Entwicklung nicht ins Hintertreffen geraten.“ Bisher könnten sich kleinere Unternehmen mit Fokus auf den deutschsprachigen und europäischen Markt vor allem dann behaupten, wenn sie über dediziertes Branchen- und Spezialwissen verfügen und eine lokale Nähe zum Kunden aufweisen.
Abbildung 1: Oliver Nickels, Senior Advisor im Auftrag der ISG Information Services Group: „Mit Blick auf KI trennt sich bei den ADM-Anbietern derzeit die Spreu vom Weizen.“
Als weiteren Trend im ADM-Markt benennt der ISG-Anbietervergleich die steigende Nachfrage nach geschäftszentrierten Kennzahlen und Metriken. „Unternehmen wollen einen Nachweis, inwiefern die Anwendungsentwicklung und -wartung die Geschäftsziele unterstützt, zumal die Fachbereiche bei der Budgetverteilung für ADM-Services mehr und mehr mitentscheiden“, so Analyst Oliver Nickels. „Diese Fachentscheider setzen dabei einen starken Fokus auf die digitale Transformation und wollen den Nutzen der ADM-Services für die Geschäftsergebnisse zuverlässig messen.“ Zudem müssten die Anbieter mit hybriden Cloud-Umgebungen vertraut sein: „Die Unternehmen erwarten von den Providern, dass sie die Migration und die Wartung in hybriden Multicloud-Umgebungen beherrschen. Dies umfasst nicht nur die Entwicklung von cloud-fähigen Anwendungen. Auch Lösungen für regulatorische und Sicherheits-Herausforderungen sind ein Muss.“
Laut ISG-Studie bleibt der Markt für ADM-Services auch in Zukunft in Bewegung. So rückten neben den Anwendungen bereits Geschäftsprozesse in den Blick von KI. Große Anbieter würden bereits KI-Funktionen bieten, die Geschäftsprozesse analysieren, bewerten und verbessern. Auch mittelständische ADM-Provider könnten hier Schritt halten, da sie über Drittanbieter Zugriff auf KI-Systeme haben und diese in ihre eigenen Services integrieren können. Im „Leader“-Quadranten des Studiensegments „Next Generation ADM“ sind fünf Anbieter positioniert: Atos, Capgemini, DXC Technology, IBM und T-Systems.
Abbildung 2: Positionierung der Anbieter von „Next Generation ADM“ in Deutschland
Neben den Anbietern von „Next Generation ADM“ hat die ISG-Studie weitere Teilmärkte untersucht: „Agile Development“, „Continuous Testing“ sowie „Next Generation ADM“ mit Blick auf drei ausgewählte Branchen: Finanzdienstleister (Banking, Financial Services and Insurance, BFSI), Gesundheitsbranche (Health Care and Life Sciences, HCLS) sowie industrielle Fertigung (Manufacturing). Auf diese Weise geben die ISG-Analysten Entscheidern in Anwenderunternehmen einen detaillierten Einblick in den deutschen ADM-Markt und beleuchten die Stärken und Schwächen der jeweiligen Anbieter.
Abbildung 3: Untersuchte Marktsegmente im „ISG Provider Lens Germany 2019 – Next Generation Application Development & Maintenance (ADM) Services“
Agile Development
Im Markt für agile Software-Entwicklung haben die Anbieter erkannt, dass Sicherheit schon während der Software-Entwicklung eine vorrangige Bedeutung zukommt. Dies bedeutet, dass wichtige Sicherheitsfunktionen schon während früher DevOps-Entwicklungsphasen als Grundeinstellungen verankert werden – hierbei spricht man auch von DevSecOps. Manche Anbieter stellen sogar schon Zugang zu Quanten-Computern her, um eine leistungsfähige Sicherheit und Verschlüsselung sicherzustellen. Zudem kommt den Bestandssystemen der Anwender eine kritische Rolle zu. Da sie die größte Hürde für ein agiles Unternehmen darstellen, fragen Kunden zunehmend entsprechende Beratungsleistungen nach. Insgesamt prägen zwar weiterhin lokale Provider den deutschen Anbietermarkt für Agile Development. Doch auch diese eher kleineren Unternehmen spüren mehr und mehr den Druck, ihre Services weltweit anzubieten. Sie realisieren dies in der Regel, indem sie mit anderen Service-Anbietern kooperieren, die in den jeweiligen Auslandsmärkten beheimatet sind.
Continuous Testing
Die Dienstleister für Software-Testen bieten dedizierte Werkzeuge und Verfahren der Testautomatisierung für neue Technologien wie Internet of Things (IoT), Edge- und Fog-Computing oder Blockchain an. Die ISG-Studie fand zudem heraus, dass branchenspezifische Werkzeuge eine wichtige Rolle spielen, da sich die Branchen mit Blick auf regulatorische und Sicherheitsanforderungen zum Teil erheblich voneinander unterscheiden. All diese Testaktivitäten führen die Anbieter in global organisierten Testorganisationen durch – mit wenigen lokalen Besonderheiten etwa im öffentlichen Sektor. Die führenden Testanbieter sind dabei alle in der Lage, Testautomatisierung „as a Service“ anzubieten. Die Testautomatisierung findet in diesem Fall oft auf fabrikähnlich organisierten Software-Entwicklungsplattformen statt – unter Einsatz von Machine Learning und Künstlicher Intelligenz (KI).
Next Generation ADM in der Finanzindustrie (BFSI)
Bestandssysteme stellen auch in der Finanzindustrie die größten Hürden in Richtung einer agilen Software-Entwicklung dar. Von daher sind jene Anbieter im Vorteil, die mittels Code-Wiederverwendung, Cloud-Integration und Containerisierung diese Hürden überwinden können. Eine wichtige Rolle spielt laut ISG-Studie auch die Robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA), welche die meisten auf die Finanzindustrie fokussierten Anbieter mittlerweile im Portfolio haben. RPA ist zu einem überzeugenden und kostengünstigen Verfahren geworden, das sich zudem schnell und unkompliziert implementieren lässt. Nicht zuletzt spielt Blockchain bei den ADM-Anbietern für die Finanzbranche eine immer wichtigere Rolle – allerdings weniger für den Einsatz zwischen den Banken, sondern mehr, um die bereits bestehenden internen Systeme und Prozesse zu vereinfachen.
Next Generation ADM im Gesundheitswesen (HCLS)
In der Anwendungsentwicklung des Gesundheitswesens hat die Nachfrage nach Data Analytics und neueren Technologien wie „Industrial Machine Learning“ deutlich zugenommen. Diese neuen Technologien entscheiden mit darüber, ob ein Anbieter auf diesem Markt eine führende Rolle spielen kann. Hinzu kommt, dass die Akzeptanz von Cloud-Ressourcen weiter rasant wächst. Auf ihrer Basis verbessert sich zum Beispiel die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Ärzten, Versicherungen und Patienten gerade enorm. Für ADM-Anbieter kommen, insbesondere in Deutschland, die Themen Sicherheit, Datenschutz und regulatorische Anforderungen hinzu, da die öffentliche Meinung auf diesen Feldern hierzulande sehr sensibel ist. Dies macht es laut ISG-Studie global aufgestellten ADM-Anbietern schwer, die im deutschen Markt über eine nur eingeschränkte lokale Präsenz verfügen.
Next Generation ADM in der Fertigungsindustrie (Manufacturing)
Industriefertiger, etwa in der Automobilindustrie, stellen derzeit ihre Geschäftsprozesse auf breiter Ebene auf den Prüfstand, um sie agil zu gestalten. Die ADM-Anbieter in dieser Branche müssen deshalb die Beratung zu Geschäftsprozessen mit Design-Know-how und Methoden der agilen Software-Entwicklung miteinander verbinden. Die Aktionsfelder lauten insbesondere Cloud, IoT, Industrie 4.0 und die Integration der Lieferketten. Zwar dominieren weiterhin Bestands-ERP-Systeme wie SAP-ECC den Markt, doch steigt die Nachfrage nach neuen Technologien. Dabei verändert derzeit vor allem das Konzept der „Smart Factory“ den Produktionsprozess, die unter anderem auf dem „Industrial Internet of Things“ (IIoT) basieren. Deshalb kommen zunehmend nur noch ADM-Anbieter zum Zug, die über das entsprechende Branchen- und Automatisierungs-Know-how verfügen sowie die jeweils branchenspezifischen Werkzeuge beherrschen.
Weitere Informationen zur Studie, inklusive einer Liste der bewerteten Anbieter, bietet: